Auf den Spuren der Liestaler Jagd (23. Sept. 2016)

Bericht: Christian Allemann / Fotos: Christian Allemann -

An diesem schönen, warmen Freitagabend versammelten sich interessierte Zünftige mit mehr Frauen als erwartet (Jagd ist doch eher Männersache, oder ?) zu diesem Jagdabend. Ja, „was wird da wohl geboten ? Gehen wir auf Fährtensuche oder wird da sogar geschossen ?“ fragten sich viele unter den Teilnehmern.

Auf der Windentalerhöhe war Besammlung um 17:45 Uhr. Flavio Ossola begrüsste die Zunftschar und im Besonderen auch unser Mitglied „Zunftjäger“ Ruedi Schweizer. In Jagduniform, wie sich das gehört, informierte er uns über den Ablauf des Jagdabends. Nach kurzer Wanderung zum Aussichtsturm wurde uns ein Willkommens-Apero offeriert. Ruedi schilderte bald darauf detailliert über das Jagdgeschehen allgemein und über die Tätigkeiten und Aufgaben der Jagdgesellschaft Liestal „Chutzechopf“. „Jede Jagd sei vorher genau abgesprochen, genau geplant, nur schon wegen der Sicherheit“, gab Ruedi unter anderem klar zu verstehen.

Er stellte bei dieser Gelegenheit seine Helfer an diesem Abend vor: Tanja Breda (zur Zeit in zweijähriger Jagdausbildung; sie wurde später von Bettina Aeschbach abgelöst), Othmar Bürgi, den Jagdaufseher (er soll Schweizer Meister sein im Sauen-Schiessen….ca. 350 Tiere soll er in seiner Jagdkarriere schon erlegt haben) und Peter Zimmermann, den Jagdleiter der Jagdgesellschaft „Chutzechopf“.

Ruedi bat uns leer zu trinken und teilte uns in 3 Gruppen ein. An 3 verschiedenen Posten auf dem Gelände vor der Turmwirtschaft wurde für uns ein Info-Parcours eingerichtet:

Posten 1: Erlebnismobil Wald und Wild
Peter Zimmermann stellte uns diesen „Anhänger“ vor. Dieses Gefährt gehört der Jagd Baselland und bietet interessierten Gruppen (vor allem Schulen) ein abwechslungsreiches Bildungsangebot. Wir durften da eine umfangreiche Sammlung von Präparaten (Tiere und Vögel unseres Waldes) bestaunen, ja sogar anfassen. Wer hat schon mal einen Fuchs, ein Wiesel oder einen Kauz in den Händen gehabt….?
Peter ging in seinen interessanten Ausführungen auch auf die Diskussion rund um das Thema  „Wildsau / Landwirtschaft“ ein: „Den Bauern seien ja die Säue ein Dorn im Auge. Eine Wildsau kann bis 8 Junge (Frischlinge) pro Jahr zur Welt bringen, bei gutem Wetter doppelt so viele; ein Reh, im Vergleich, kann höchstens 1-2 Kids pro Jahr gebären“. Trotz der Menge von Wildsäuen sei es schwierig an die Tiere heranzukommen. „Geschossen werden sie vor allem im Feld, da sie dort Schäden verursachen und seltener im Wald. Gezielt wird vor allem auf die Kleineren, aber mit Rücksicht auf die Familienstruktur. Früher habe man eher auf Treibjagd gesetzt, heute eher auf Einzeljagd in der Nacht“, so Peter weiter.

Posten 2: Waffen und Zubehör
Ruedi Schweizer präsentierte mit Stolz und Freude seine Waffensammlung. Darunter zu bestaunen waren Gewehre mit Gold verzierten Schaften und Läufen; sogar ein sehr schönes „Stück“ von seinem Urgrossvater mit Gold–Intarsien (eingelegte Goldplättchen). Ruedi erklärte uns die verschiedenen Ausführungen der Waffen älteren Datums bis heute, so z.B. Gewehre mit einem, zwei oder gar drei Läufen. Bei einem Drilling lädt man in 2 Läufe Schrot und im dritten Lauf eine Kugel um je nach Situation mit verschiedenen Schuss-Varianten auf eine kommende Situation reagieren zu können. Besonders stolz präsentierte er uns ein Gewehr mit einem Lauf aus Damasz, einem speziellen Stahl mit sehr dekorativem Muster. „Die heutigen Gewehre haben einen Plastikschaft, liegen sehr gut in der Hand, bieten optimale Sicherheit (beim Magazinwechsel wird auch gleich der Abzug entfernt) und sind temperaturbeständig“, fuhr Ruedi fort.
Wir durften weiter erfahren, dass ein gutes Gewehr heute ein paar tausend Franken kostet, es aber auch viel teurere Modelle gibt. „Schon früher musste man tief in die Tasche greifen, bis zu einem halben Jahreslohn konnte man hinblättern“, wusste Ruedi zu erzählen.
Danach wurde uns das Zubehör eines Jägers vorgestellt. Darunter versteht man bei der Jagd vor allem den Ohrenschutz, den Feldstecher und das Signalhorn (bzw. Jagdhorn), welches den Tod z.B. eines Rehs, einer Sau verkündet und auch die Jagd beendet. Weiter zeigte und erklärte uns Ruedi  noch die Munition und ein Rehgeweih, welches als Nachweis für einen Abschuss auf ein Holzbrett zusammen mit den Zähnen des Tieres montiert wird.

Posten 3: Jagd mit Hund
Othmar Bürgi eröffnete seine Präsentation mit dem Sprichwort: „Jagd ohne Hund ist Schund“. Warum braucht es also einen Hund für die Jagd ?
„Er habe eine gute Nase, die Intelligenz gegenüber dem Wild sei viel besser als beim Menschen, sie hätten ein spezielles Verhalten. Es sei enorm was die Hunde alles machen, merken und finden“. Othmar stellte uns seine beiden Jagdhunde vor, welche mit verschiedenen Aufgaben konfrontiert wurden.
So demonstrierte uns „Chili“, ein Kleinhund (Terrier aus Westfalen), ein Stöberhund oder auch Laufhund genannt, das Aufspüren einer Fährte.
„Danjou“ der andere, ein grosser Hund, ein Weimaraner, ein Vorstehhund wird zum Suchen blutender, angeschossener, angefahrener Tiere eingesetzt; „Er belle sobald er solche Tiere  findet, tötet sie wenn er kann, belle aber sonst weiter um den Jäger herbeizurufen“, erklärte Othmar. Seine Demonstration zeigte, dass es dem Hund scheinbar leicht fällt eine vom Zunftherr Roger Borer im Wald versteckte Tierpfote zu finden und zurückzubringen. Eine etwas schwierigere Aufgabe für den Hund war das Auffinden von Patronenhülsen, was problemlos gelöst wurde. Dieses Können ist hilfreich um Wilderern auf die Schliche zu kommen (Suche erfolgt über die Waffe und führt zum Schützen)

Nach diesen eindrücklichen Vorführungen und interessanten Infos blieben wir vereint bei der Sau am Spiess stehen und bestaunten das Highlight unseres heutigen Abendessens, ein wahrlich zünftiger Anblick. Schon seit dem frühen Morgen drehte die Sau am Feuer seine Runden. Wir wurden aber vorerst gebeten in die Turmwirtschaft zu gehen und dort zur Einstimmung auf das Festmahl einen wohlverdienten Schluck Wein zu trinken.
Als dann das Kommando „Fassen“ ertönte, durften wir tischweise Stück für Stück von diesem Wildsaufleisch entgegennehmen. Das Team um Ruedi und das Wirteteam servierten dazu hausgemachte Spätzli, Rosenkohl, Rotkraut, Birnenhälfte gefüllt mit Preiselbeeren.
Das „Wildessen“ mundete ausgezeichnet, ja manche liessen es sich nicht nehmen, noch einmal hinten anzustehen (der Schreibende auch…) !

Zwischendurch musste dann Ruedi schon noch seine Geschichte los werden, wie er zu dieser Sau kam…“Er habe sich zum Ziel gesetzt dieses Jahr ca. 50 Säue zu schiessen, er sei aber zur Zeit erst bei 4 angelangt (Säue seien eben unberechenbar). Speziell für diesen Anlass habe er ein paar Nächte im Wald verbracht und hätte keine Sau gesehen…ja er sei so langsam nervös geworden“, meinte er.
„Erst vor 4 Tagen kurz vor Mitternacht habe es dann endlich geklappt ! Eine Sau machte sich an eine mit Mais gefüllte Box heran. Dies war der Moment zuzuschlagen. Eine Sau schiessen sei das eine, dann aber (in der Dunkelheit) eine 44kg schwere Last wegzuschleppen das andere“, erzählte uns Ruedi weiter. „Um  01:30 Uhr sei man fertig geworden mit dem „Ausmachen“ der Wildsau im Schlachthof der Jäger (im Areal der ehemaligen Schuhfabrik Osbo) und um 02:30 Uhr, endlich, war Bettruhe“.

Ruedi dankte dem Turm-Team unter der Leitung von Marcel Wunderlin und all seinen Helfern für Ihren tollen Einsatz und Service an diesem Abend.
Auch unser Meister Hans Vogt liess es sich nicht nehmen ein paar Worte an die Organisatoren und Teilnehmer zu richten. Zusammenfassend meinte er unter anderem:
„Ist nun eine Wildsau eine Plage oder eine Freude ?“, weiter „das Jägerlatein ist ja eine spezielle Sprache…unsere in der Zunft aber auch !“
Er dankte Flavio Ossola und vor allem Ruedi Schweizer für die Organisation dieses sehr originellen, spannenden Jagdabends und natürlich für die Super-Wildsau am Spiess.
Hans überreichte Geschenke an die Organisatoren und das Wirteteam. „Waidmannsheil !

Die letzten Zünftigen mit Ihren Frauen schafften es dann auch noch, teils mit Hilfe der Taschenlampe, den Weg heimwärts hinunter nach Liestal zu finden.

Ein herzliches Dankeschön unseren beiden Organisatoren Ruedi Schweizer und Flavio Ossola, die keinen Aufwand gescheut und alles mobilisiert haben, um uns die Liestaler Jagd näher zu bringen.